Pensionssystem in Brasilien

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Pensionssystem in Brasilien und die Reform 2019

Brasilien, so wie auch viele andere Länder weltweit, steht vor großen Herausforderungen, das aktuelle Pensionssystem zu finanzieren. In den letzten 35 Jahren wurden 7 Reformen umgesetzt, die letzte im Jahr 2019. Die wesentlichen von der Regierung genannten Motive waren die wachsenden Ausgaben bei beschleunigter Überalterung der Gesellschaft.   

Gemäß den von der Regierung präsentierten Daten wird Brasilien im Jahr 2030 schätzungsweise die weltweit fünftgrößte Bevölkerungsgruppe an über 65-Jährigen stellen. In Emerging Countries wie Brasilien ist der Prozess der Überalterung der Gesellschaft tendenziell dynamischer als in den entwickelten Volkswirtschaften. Nach dem Institut für Angewandte wirtschaftliche Studien (IPEA) wird der Anteil der Hochbetagten von 7.3% im Jahr 2010 auf etwa 40.3% im Jahr 2100 steigen; der Anteil der Jungen (jünger als 15 Jahre) hingegen dürfte im Land von 24.7% auf 9% fallen.

Die steigenden Zahlen der Pensionsberechtigten haben ihren Preis. Der Zuschuss zu den Pensionen aus dem Bundesbudget hat 2019 das höchste Niveau der letzten zehn Jahre erreicht: 299,7 Milliarden Reais (entspricht 4,2% des BIP). Im Schnitt ist der Wert seit 2011 jährlich um 12% gewachsen.

Die aktuellen Zahlen zeigen ein großes Ungleichgewicht und fehlende Nachhaltigkeit zwischen den Pensionsbeiträgen der arbeitenden Bevölkerung einerseits und den Pensionszahlungen andererseits. Um zukünftige Generationen nicht über Gebühr zu belasten und den Fortbestand des Pensionssystems zu sichern, wurde im Jahr 2019 eine Pensionsreform beschlossen.

Die neuen Regeln

Die Berechnung der Ansprüche während der Pensionsphase wurde adaptiert und basiert nun auf dem durchschnittlichen Lebenseinkommen, während vorher 20% der Gehälter (die niedrigsten) ausgenommen waren. Zudem wurde, unter Anwendung von Übergangsregeln, das frühestmögliche Pensionsantrittsalter auf 65 Jahre für Männer und 62 für Frauen festgesetzt.

Beim Erreichen der Mindestbeitragsjahre (15 Jahre für Frauen und 20 für Männer) beträgt der Anspruch 60% des durchschnittlichen Einkommens seit 1. Juli 1994 (Datum der Einführung der aktuellen Landeswährung Real). Für jedes zusätzliche Beitragsjahr erhöht sich der Anspruch um 2 Prozentpunkte. Um die volle Pensionshöhe zu erhalten, müssen Frauen somit 35 und Männer 40 Beitragsjahre sammeln.

Vor der Reform war das Mindestpensionsalter 60 Jahre für Frauen und 65 für Männer. Zudem gab es die Möglichkeit, auf Basis der gesammelten Beitragsjahre (30 für Frauen und 35 für Männer) in Pension zu gehen, auch wenn das Mindestpensionsalter noch nicht erreicht war. Diese Regel existiert nicht mehr. Zudem wurden vorher für die Berechnung der Pensionshöhe die 80% der höchsten Gehälter herangezogen.

Die Mindestpension bemisst sich immer am Mindestlohn. Die letzte Erhöhung des Mindestlohns durch die Regierung erfolgte im Mai 2023 auf den nunmehrigen Wert von 1.320 Reais (umgerechnet ca. 250 Euro). Gemäß des Instituts für Sozialversicherung (INSS) erfolgen von 36 Millionen der Unterstützungszahlungen 23 Millionen in der Höhe des Mindestlohns. Durch die Erhöhung der Mindestpension steigen die Gesamtpensionskosten 2023 um 3,29 Milliarden Reais. Die Höchstpension beträgt aktuell 7.507,49 Reais (1.390 Euro).

Fazit

Das zentrale Ziel der Reform war die Reduzierung der Pensionszuschüsse aus dem Bundesbudget. Das geschätzte Pensionsdefizit für 2023 beträgt 2,6% des BIP. Bis 2029 soll diese Zahl durch die Pensionsreform weiter sinken. Auch wenn die Reform seitens der Pensionsbezieher heftig kritisiert wurde, konnten seit der Inkraftsetzung bereits 156 Milliarden Reais (ca. 30 Milliarden Euro) an Einsparungen erzielt werden.

Trotz der Pensionsreform 2019 dürfte das Pensionsdefizit ab dem Jahr 2030 wieder steigen und könnte im Jahr 2060 bereits 5,9% des BIP, im Jahr 2100 10,4% des BIP, erreichen. Die diesbezüglichen Prognosen machen deutlich, dass auch in den nächsten Jahren weitere Reformen des Pensionssystems notwendig sein werden, um das System vor dem Kollaps zu bewahren.